Vom Juckpulver zum Superfood

Viele Menschen haben ein zwiespältiges Verhältnis zur Hagebutte

Als Juckpulver für ungeliebte Schulkameraden missbraucht, verhasst als „roter Tee“ in Kita, Schule oder auf Klassenfahrten – viele haben zur Hagebutte bis ins Erwachsenenalter ein eher gespaltenes Verhältnis. Auch ich habe erst vor wenigen Jahren die für sie wohlverdiente Wertschätzung entwickelt. Mittlerweile gehört die „Hundsrose“ zum festen Bestandteil meiner selbst gesammelten Schätze. Schon damals diente das wilde Rosengewächs neben Sanddorn oder Johannisbeeren den Menschen in hiesigen Breitengraden als überall verfügbarer Vitamin C-Lieferant. Nicht umsonst wurde sie einst als „Zitrone des Himmels“ bezeichnet. Zu Recht, übersteigt ihr Vitamin C-Gehalt den von Zitrusfrüchten doch um ein Vielfaches. Bis zu 1700 Milligramm des immunstärkenden Vitamins sind in 100 Gramm Fruchtfleisch der leuchtend roten Früchtchen enthalten. Zum Vergleich: Zitronen enthalten ca. 50 Milligramm in der gleichen Menge Frucht. Zudem enthält die Hagebutte weitere wertvolle Inhaltsstoffe, wie die Vitamine A und K sowie B-Vitamine, Karotinoide, Pektine und Gerbstoffe sowie Antioxidantien. Dazu kommen Mineralstoffe und Spurenelemente wie Kalzium, Magnesium oder Eisen. Ihre Kerne unterstützen – zerkleinert – aufgrund des hohen Pektingehaltes unser Mikrobiom und sind damit einer gesunden Darmflora förderlich. Die gemahlenen Kerne gelten zudem als entzündungshemmend und dadurch lindernd bei Arthrose oder Rheuma. Damit kann die Hagebutte getrost – neudeutsch – als „Superfood“ bezeichnet werden.

Gleichzeitig verlangt der bis zu 3 Meter hohe Strauch wenig Gegenleistung für seinen Dienst an unserer Gesundheit. Anspruchslos kommt die Pflanze mit kargen Böden und Trockenheit klar, wuchert oft an Feldrändern oder macht sich ohne sonderliche Pflege in Parks oder Gärten breit. Die Früchte sind je nach Sorte eiförmig oder rund, meist mit einem Durchmesser bzw. einer Länge von 2 bis 3 Zentimetern. Ansonsten zeigt sich das Gewächs mit bis zu 10 mm langen Stacheln an den Zweigen wehrhaft. Empfindliche Sammler sind daher mit Handschuhen gut beraten. Mit dem Ernten ist allerdings nur die erste Hürde überwunden. Denn auch die Zubereitung kann herausfordernd sein. Am einfachsten ist die Verarbeitung der Früchte zu Tee oder Pulver, wobei es für letzteres, wenn die Kerne im Spiel sind, einen leistungsstarken Mixer oder einer Mühle bedarf. Das Besondere am Vitamin C der Hagebutte ist, dass es beim Erhitzen nicht zerstört wird. Dafür die noch harten, reifen Früchte gleich nach dem Sammeln zerkleinern und im Dörrautomaten oder bei sehr geringer Temperatur im Ofen trocken und für Tee ca. einen Teelöffel pro Tasse mit heißem Wasser aufgießen.

Ich persönlich mixe derzeit gerne eine kleine Handvoll getrockneter Fruchteile in meinen Smoothie und wappne mich so, bislang erfolgreich, gegen Keimattacken beim Übergang in die kalte Jahreszeit. Bei meinen Spaziergängen halte ich von Anfang September bis Ende Oktober – so lange können die Früchte gesammelt werden – Ausschau nach etwas reiferen, bereits weichen Früchten. Das Fruchtfleisch lutsche ich direkt vor Ort aus, die Kerne spucke ich einfach aus. Das schmeckt einfach wunderbar fruchtig und frisch. Bislang wehrt sich mein Immunsystem erfolgreich gegen Viren und Bakterien. Ich sicher, dass ich einiges davon der Hagebutte verdanke.

Rezepte mit Hagebutten

->Fruchtmus aus Hagebutte:  2 kg weiche (reife) Hagebutten von Stiel und schwarzen Enden befreien und mit etwas Wasser in einem Topf bis zu 5 Minuten kochen. Die Masse durch eine „Flotte Lotte“ (Passavite) drehen oder durch ein Sieb streichen, damit die Kerne zurückbleiben. Das entstandene Mark gibt (veganen) Joghurt oder Quarkspeisen eine fruchtige, gesunde Note. Portionsweise eingefroren oder erneut aufgekocht und in sterile Gläser abgefüllt kann es noch bis zu einem Jahr aufbewahrt werden. Ansonsten in den Kühlschrank stellen und innerhalb einer Woche verbrauchen.

->Hagebutten-Oxymel:  Zu gleichen Teilen Honig, Apfelessig und zerkleinerte Hagebutten in eine dunkle Flasche füllen und täglich schütteln. Nach drei Wochen abseihen und gekühlt lagern. Das Oxymel kann vermischt mit Wasser oder pur (ca. 1 Esslöffel täglich) verzehrt werden. Es schmeckt auch im Salatdressing: Dafür zu gleichen Teilen mit Olivenöl mischen und etwas Senf hinzugeben. Mit Pfeffer und Salz abschmecken.

->Hagebutten-Pulver: Die noch harten Früchte dritteln und im Dörrautomaten oder Ofen bei niedriger Temperatur trocknen. Anschließend im Hochleistungsmixer oder in einer Steinmühle zu Pulver verarbeiten. In ein dunkles Glas füllen und in den Wintermonaten in Smoothie, Joghurt oder Obstsalat genießen.

 Tipp: Das selbst hergestellte Hagebutten-Pulver kann auch über mehrere Wochen als Kur eingenommen werden. Dafür täglich einen Esslöffel in Smoothie, auf Joghurt oder Haferbrei geben. Gerade in der Erkältungszeit oder als lindernde Unterstützung bei Arthrose oder Rheuma empfehlenswert!

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